Generation Nirgendwo

Immer flexibel sein, immer auf Achse, immer schneller. Wo soll das enden? Eine Generation auf der Überholspur und kein Ende in Sicht.

Joachim Gies auf www.flickr.comDie Anforderungen, von denen uns vorgegaukelt wird, dass sie unvermeidbar seien, sofern man es heutzutage nur einigermaßen zu etwas bringen möchte, lassen einen kaum zu Atem kommen. In einem permanenten Wettbewerb fällt es schwer nicht irgendwann erschöpft nieder zu sinken.

Doch warum nicht einmal langsam machen dürfen? Mal tief durchatmen und zu sich kommen. Man ist immer damit beschäftigt für sich zu kämpfen, sein Überleben zu sichern. In Zeiten vager wirtschaftlicher Aussichten muss man sich auf dieses Ziel konzentrieren. Und schon stellt sich die Frage, ob denn diese Eile wirklich und vor allem dauerhaft zu den gewünschten Ergebnissen führt. Was hat man gewonnen, wenn das Leben an einem vorbei rast und man mit 35 und einem Burnout-Syndrom doch wieder auf Null gesetzt wird? Die Erfahrung zeigt, dass eben jene spätestens nach dieser Zwangspause ihr Leben meist kräftig umkrempeln. Die neue Losung heißt dann seinen Lebenswandel zu überdenken und in den meisten Fällen sich neu zu orientieren.

Eine Wiederentdeckung der Langsamkeit? Definitiv kann es so nicht weitergehen. Leben um zu arbeiten, war das das Ziel? Arbeitet man dafür? Wenn man Glück hat und nochmal ohne Nervenzusammenbrüche und Depressionen davon gekommen ist, darf man die letzten Jahre seines Rentnerdaseins dann vielleicht einen Porsche fahren, ist aber leider zu alt, um damit noch auf große Reisen zu gehen. Ist man dann vielleicht endlich glücklich? Hier könnte das Schlagwort „Work-Life-Balance“ auf den Tisch kommen, doch aller Erkenntnis zum Trotz scheint dieses Ziel vorerst eine Utopie zu bleiben. Aber warum? Weil im Kampf um einen Arbeitsplatz kein Platz für den Kampf für einen Platz in einem sinnerfüllten und glücklichen Leben bleibt, sofern man dieses nicht unter einer Brücke verbringen will? Weil man sich nichts mehr sicher sein kann? An was kann oder darf man denn heutzutage noch glauben? Bravo! Verstanden. Man hat keine Ideale mehr für die man kämpfen kann, außer dass man in dieser Welt nicht untergehen möchte. Motivation?! – Aber wo bleibt eine Lösung für diese mentale Aufrüstungsspirale, diesen Elitenwahn? Immer noch frischer, kreativer, schneller, effizienter, ausdauernder, intelligenter… Wie lange und vor allem wie weit kann man dieses Spiel noch treiben? Wohin geht es und wie wird es enden. Wer weiß. Irgendwohin, zumindest das ist sicher.

Kaum blickt man diesem Dilemma ins Gesicht, tut sich noch im gleichen Augenblick ein weiterer Abgrund auf: der Jugendwahn. Quasi eine Weiterentwicklung des Schöhnheitswahns, dessen Grenzen mittlerweile so aufgeweicht sind wie ein Croissant, das man zu lange in die Milch getaucht hat. Und auch hier stellt sich wieder die Frage: Wo soll das alles enden? – Botox, Silikon und zu viel Seife werden seit Jahren klammheimlich immer mehr Teil der Normalität und egal wie bizarr das Ergebnis sein mag, es geht weiter. Und wo ist der Punkt? Schon einmal gefragt, ob diese Absonderlichkeiten nicht bloß Symptome für eine große Lüge sind? Und wer steckt dahinter?

Fazit: Wer lässt endlich die Wiederentdeckung der Langsamkeit und der Lebensfreude Mode werden? – Ich will mein Leben leben. Ich will gute Gründe zum Lachen haben. Ich will in Würde altern. Ohne Druck. Ich will sein, wie es zu mir passt. Wird dies irgendwann akzeptiert sein? Vielleicht ist ein Wandel in Sicht. Jede Lebens- und Entwicklungsphase birgt andere Potenziale. Warum nicht einfach mal mehr versuchen, diese zu erkennen und zu kombinieren? ‚Generation Nirgendwo‘ muss keine ‚Generation Angst‘ sein. Sie kann zu einer ‚Generation 2.0‘ werden. Einer Generation, die reflektiert und innovativ kombiniert.

Links:

Entschleunigung

Artikel aus der Zeit (’04): „Wenn die Alten jünger werden“

Artikel aus dem Fokus (’07) zum Thema „Age Diversity“

Artikel von Welt Online (’08) zum Thema „Work-Life-Balance“

Weitere Infos:

Burnout-Syndrom

~ von currentcomment - März 29, 2008.

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